Nachwuchsgewinnung: Der gute Ruf zählt

Wer heutzutage die besten Azubis für sein Logistikunternehmen begeistern will, muss sich einiges einfallen lassen. Die Hamburger Spedition A. Hartrodt geht einen eigenen Weg – mit Erfolg.

Dreimal Spitzenergebnisse (von links): Thibaud Herrmann, Anna Helene Gresens und Lukas Maximilian Sorgenfrei. (Foto: A. Hartrodt)

Transport- und Logistikunternehmen tun sich zunehmend schwerer damit, junge Arbeitnehmer und potenzielle Auszubildende für sich zu begeistern. Oft genug scheint das Problem hausgemacht zu sein: Die Verantwortlichen widmen dem Thema Nachwuchsgewinnung nur begrenzt Aufmerksamkeit und verlassen sich darauf, mit konventionellen Methoden zum Ziel zu gelangen.

Was man hier besser machen kann, zeigt das Beispiel der Hamburger Spedition A. Hartrodt. Bei dem großen Mittelständler sind die Kontaktwege für die potenziellen Interessenten nicht nur kurz; die Nachwuchskräfte werden während der Einarbeitung oder Ausbildung eng betreut. Dabei geht es auch darum, auf die individuellen Wünsche und Vorstellungen einzugehen. Die DVZ hat Anna Helene Gresens, Thibaud Herrmann und Lukas Maximilian Sorgenfrei getroffen, die bei dem Unternehmen eine duale Ausbildung zum Hamburger Logistik-Bachelor absolvieren und den ersten Teil ihrer Ausbildung als Kaufleute für Spedition und Logistikdienstleistung in den Jahren 2019, 2020 und 2021 als jeweils Deutschlands beste Absolventen ihres Jahrgangs abgeschlossen haben.

Das Standing am Markt macht’s

Doch wie sind die drei jungen Logistik-Cracks überhaupt auf das Unternehmen aufmerksam geworden? Laut Claudia Brix, ihres Zeichens Personalchefin von A. Hartrodt, kommen hier mehrere Faktoren zusammen. „Wir haben im Markt den Ruf, dass wir sehr umfassend ausbilden. Unsere Azubis lernen alles kennen: sowohl die Luft- als auch die Seefracht oder das Projektgeschäft. Und: Sie werden früh verantwortlich mit Aufgaben betraut.“ Zudem profitiere das Unternehmen von einer klugen Überlegung des Gründers Arthur Hartrodt. Der hatte bewusst das „A“ im Firmennamen vorangestellt, damit die Firma auf Listen – zum Beispiel von der Berufsberatung – immer ganz oben steht.

Für Thibaud Herrmann allerdings war das nicht ausschlaggebend. Während eines Praktikums bei einer Reederei entdeckte er für sich das Thema Spedition. „Zuerst habe ich mich bei großen Konzernen beworben, doch dann meinte mein Chef, A. Hartrodt wäre ein familiäres Unternehmen, das für seine sehr gute Ausbildung bekannt sei. Daraufhin habe ich mein Glück probiert.“ Herrmann begeisterte dabei, dass er kein umständliches Formular ausfüllen musste, sondern über die auf der Homepage angegebene Telefonnummer direkt den Ausbildungsleiter Martin Argendorf am Apparat hatte. „Bei diesem Gespräch habe ich mich einfach wohlgefühlt, man konnte sein, wie man war, es wurde einem zugehört. Ich hatte das Gefühl, hier kann ich was erreichen. Es gab eine Karriere-Perspektive, die Chance, unterschiedlichste Abteilungen kennenzulernen, und die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen.“

Über A. Hartrodt

A. Hartrodt ist ein mittelständischer Logistikdienstleister, der weltweit rund 2000 Mitarbeitende beschäftigt. Zum Leistungsspektrum gehören Transport, Zollabwicklung, Lagerung, Konfektionierung, Kommissionierung und Distribution. Das Unternehmen unterhält 64 Tochter- und Beteiligungsgesellschaften, die als Überseespeditionen im Bereich Luft- und Seefracht in 46 Handelsnationen tätig sind.

Ausbildung braucht Vielfalt

Für Anna Gresens führte der Weg hingegen tatsächlich über eine Liste. Die Nachwuchsexpertin suchte schon in der Oberstufe nach einem Unternehmen, bei dem sie viel Wissen erwerben würde. „Mir war klar: Wenn ich eine Ausbildung in diesem Bereich mache, dann will ich auch viel sehen und ­mitbekommen – und nicht nur zum Beispiel Seefracht machen. Das Ausbildungskonzept bei A. Hartrodt erschien mir attraktiv, weil mir bereits im Bewerbungsgespräch gesagt wurde, ich würde sehr viele Abteilungen durchlaufen. Das hat gepasst und mich überzeugt.“ So sehr, dass Gresens nun auch den Hamburger Logistik-Bachelor anstrebt.

Die Möglichkeiten des dualen Studiums haben auch Lukas Sorgenfrei angesprochen, der – wie er sagt – familiär in Richtung Spedition vorbelastet ist. „Für mich war es reizvoll, dass man die Praxis mit den theoretischen Inhalten der Berufsschule und des Studiums an der Hamburger Fernhochschule verzahnt – und im besten Fall das theoretische Wissen gleich in der Praxis ausprobieren kann.“ Zudem bot ihm dieser Weg den weiteren, wichtigen Vorteil, dass er während des Studiums sein Ausbildungsgehalt bekam und er nicht darauf angewiesen war, nebenher noch einen Mini-Job anzunehmen.

Was für Sorgenfrei aber letztendlich ausschlaggebend war, die Ausbildung bei dem Mittelständler zu machen, waren die Add-ons: „Es gibt bei A. Hartrodt Projekte, die wir Azubis ganz allein organisieren können – wie zum Beispiel unsere Azubi-Fahrten, bei denen wir als Gruppe zusammengewachsen sind. Daneben konnte ich einen Spanisch-Sprachkurs belegen.“ Letzteres diente auch als Vorbereitung für das Auslandspraktikum in der mexikanischen Niederlassung. 

Der Ausflug in die internationale Logistikwelt ist fixer Bestandteil der Ausbildung. So absolvierte Deutsch-Franzose Thibaud Herrmann sein Praktikum in der Verkaufsabteilung der Unternehmensniederlassung in Toronto. Anna Gresens hingegen machte die Corona-Pandemie einen Strich durch die Rechnung. Sie wäre ursprünglich nach Australien gegangen. Doch vom Tisch ist dieses Thema nach Abschluss der Ausbildung nicht. Laut Ausbildungsleiter Argendorf kann Gresens den fest zugesagten Auslandsaufenthalt nachholen, solange ihr Fachbereich gut aufgestellt ist. Das gehört zum guten Miteinander dazu.

Der respektvolle Umgang zählt

Diese Wertschätzung ist keine Einbahnstraße. Argendorf achtet darauf, dass die Persönlichkeit der potenziellen Auszubildenden zum Unternehmen passt. „Wenn jemand zum Beispiel sagt, er hat das Gefühl, er kann bei uns sein, wer er ist, dann ist das für uns ganz wichtig – und das ist ein Fokus im Vorstellungsgespräch.“ Und der Ausbildungsleiter ist interessiert daran, zu erfahren, wie sein Gegenüber aufgewachsen ist, wie es um die Grundeinstellung bestellt ist und ob die für den Beruf unabdingbare Flexibilität vorhanden ist. „Hinzu kommen das Kommunikationstalent, die Wissbegierde und auch Höflichkeit beziehungsweise Wertschätzung gegenüber dem Ausbildungsbetrieb und den Ausbildern, die täglich versuchen, ihren Schützlingen etwas beizubringen.“

Passt es an dieser Stelle, ist bereits viel geschafft. Dennoch kommt man um das Thema Noten nicht ganz herum. Wer bei A. Hartrodt den Hamburger Logistik-Bachelor absolvieren will, sollte zumindest zehn Punkte in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch aufweisen können – auch wenn das keine formelle Voraussetzung ist.

Pläne für die Zukunft

Und wie geht es mit den drei Nachwuchskräften weiter? Anna Gresens hat da ganz klare Vorstellungen – sie möchte eine Aufgabe und ein Umfeld haben, in dem sie sich fachlich und menschlich wohlfühlt. „Es ist mir dann nicht so wichtig, ob ich da jetzt siebeneinhalb oder acht Stunden am Tag arbeite. Wichtig ist, dass ich Spaß an meiner Arbeit habe.“

Lukas Sorgenfrei reizt die Internationalität der Branche. Er legt Wert darauf, andere Kulturen kennenzulernen und direkten Kontakt zu Kunden, Dienstleistern und Agenten zu haben. „Für mich ist jeder Arbeitstag aufs Neue spannend, da ich immer wieder vor neuen Herausforderungen stehe.“ Ob er künftig für A. Hartrodt ins Ausland geht oder aber in den elterlichen Familienbetrieb wechselt, steht noch nicht fest.

Thibaud Herrmann hingegen möchte sein Wissen noch vertiefen und plant, seinen Masterabschluss in Logistik zu machen. „Mir persönlich ist es wichtig, gefordert zu werden und eine Position innezuhaben, in der man nicht alles zugetragen bekommt, sondern kreativ Ideen entwickeln kann. Ich will meinen Arbeitsalltag gestalten können.“ Diesen nächsten Schritt geht Herrmann außerhalb des Unternehmens. Doch er könnte sich durchaus vorstellen, wieder zu A. Hartrodt zurückzukommen – möglicherweise als Führungskraft.

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