Gerstlauer: Spedition mit Start-up-Charakter

In der Vöhringer Spedition arbeitet ein besonders junges Führungsteam. Der 37-jährige Chef Christian Gerstlauer ist davon überzeugt, dass die Arbeitsatmosphäre besonders für Einsteiger attraktiv ist.

In der Vöhringer Spedition arbeitet ein besonders junges Führungsteam. Der 37-jährige Chef Christian Gerstlauer ist davon überzeugt, dass die Arbeitsatmosphäre besonders für Einsteiger attraktiv ist. (Foto: Gerstlauer Spedition + Logistik)

Seit rund einem Jahr ist Christian Gerstlauer Geschäftsführer des Mittelständlers Gerstlauer Spedition + Logistik aus Vöhringen vor den Toren Ulms. „Ich wollte auf der Arbeit einfach ich sein können, mich nicht verstellen müssen“, erzählt der 37-Jährige über seinen Einstieg in die Geschäftsführung des Familienunternehmens. Um sich diesen Wunsch zu erfüllen, musste er die Strukturen der eigenen Firma umkrempeln.

Außer seiner ehemaligen Position als Speditionsleiter gab es zuvor unter den beiden Geschäftsführern noch den Dispositionsleiter und eine Vertriebsleiterin. Gerstlauer hat deshalb zunächst ein Führungsteam neu aufgebaut. „Eine Veränderung, mit der ich angeeckt bin“, erzählt der Firmenchef. Wohl auch, weil er sehr bewusst auf eine junge Führungscrew gesetzt hat. Fast alle der neuen Abteilungsleiter waren noch Auszubildende, als der neue Chef in die Spedition kam, oder haben ihre Ausbildung sogar erst danach begonnen.Für Gerstlauer ein wichtiger Schritt. „Nach meiner Ausbildung und dem Studium habe ich die Speditionswelt noch in zwei, drei anderen Unternehmen kennengelernt und dabei ein gutes Bild davon gewonnen, wie ich mir das Miteinander vorstelle“, verrät er. Entstanden ist ein Team, das Start-up-Atmosphäre vermittelt, offene Türen, Transparenz und eine Zusammenarbeit, die eher von Mentoring als durch Hierarchien geprägt ist. Das schweißt zusammen. „Unser Team empfindet sich auch als Team“, sagt Gerstlauer. In seinem Führungsstil gebe es deshalb auch keine Dominanz, kein forderndes Verhalten.

Unternehmenskultur und Atmosphäre haben sich in einem veränderten Arbeitsmarkt zum wichtigen Wettbewerbsvorteil entwickelt, ist der Speditionsgeschäftsführer überzeugt. In einer Gegend mit nahezu Vollbeschäftigung könne man sich nur durch ein besseres Arbeitsklima gegen Unternehmen behaupten, die mehr bezahlen. Da habe eine strenge Hierarchie keinen Platz. Sein jugendliches Auftreten komme ihm dabei zugute. Er wirke nahbar und sei auch bereit, Trends mitzugehen. „Zu mir kann man immer kommen, Fragen stellen und Probleme offen ansprechen“, berichtet Gerstlauer.

Modern und konservativ zugleich

Dabei lege er Wert auf ein familiäres Miteinander – in dem er dennoch konservative Grundwerte pflege. Veränderung empfinde er aber grundsätzlich als schön. Alle duzen sich, er trage Sicherheitsschuhe in der Halle und packe auch mal selbst mit an. Bei Schwierigkeiten suche er gemeinsam mit den Mitarbeitern eine Lösung – entweder gebe er ihnen dabei freie Hand für ihre fachliche Entscheidung oder er übernehme auf ihren Wunsch die Recherche und gebe anschließend eine Richtung vor. Das bewähre sich auch im Umgang mit Speditionspartnern.

Gerstlauer Spedition + Logistik

  • 1935 gegründet
  • Familienunternehmen in der vierten Generation
  • 2 Standorte: Vöhringen (D), Souflenheim (F)
  • 180 Mitarbeiter
  • 75 eigene Fahrzeuge
  • 4 Speditionskooperationen: CTL, Elvis, Online Systemlogistik, Simcargo
  • 10.000 Quadratmeter Logistikfläche
  • Bilanzgewinn 2021 (laut „Bundesanzeiger“): 769.000 Euro

Bei allem guten Miteinander seien ihm dennoch die Erträge wichtig, betont der junge Firmenchef. Deshalb lege er Wert auf effiziente IT-Lösungen, habe als Speditionsleiter ein neues Transportmanagementsystem implementiert und durch die Einführung einer Business-Intelligence-Software das Controlling verbessert. Aufgaben, bei denen sich auch die heutige Speditionsleiterin Barbara Steinle mit Geschick und großem Einsatz hervorgetan hatte. Die Anwendungen ermöglichten es der Spedition, ihren Stückgut- und Teilladungsbereich effizienter aufzustellen.

Gerstlauer ist auf besonders langes Stückgut spezialisiert. Die Spedition arbeitet mit den drei Stückgutkooperationen Online Systemlogistik, CTL und Simcargo zusammen und ist darüber hinaus Mitglied im Teilladungsnetz von Elvis. Verbünde, deren Leistungsportfolio sich für den Geschäftsführer ideal ergänzen sowohl im Hinblick auf Laufzeiten als auch bei den Packstücklängen. Zudem erreiche die Spedition über den Süd-Hub von CTL in Aurach deutlich kürzere Hauptläufe für langes Stückgut. Die Zusammenarbeit mit mehreren Kooperationen sei auch der Schlüssel dazu, die Partner in den Empfangsregionen gezielt auswählen zu können.

Ausgeglichene Auslastung

Die Spedition strebe zudem eine gleichmäßigere Verteilung des Sendungsaus- und -eingangs an, um die Stopps im Nahverkehr noch konsequenter verdichten zu können. Dafür könne er sich vorstellen, ein viertes Stückgutnetzwerk aufzuschalten, berichtet der Firmenchef. Aktuell scheue er aber noch die damit verbundene Kraftanstrengung.

Zum einen wolle er die Leistungsfähigkeit seines Teams nicht durch den anspruchsvollen Aufschaltungsprozess überfordern. Zum anderen sei die Datenqualität in den Netzen ausbaufähig. „Mit unserer Mess- und Wiegeanlage haben wir festgestellt, dass 42 Prozent der Eingangssendungen falsche Daten aufweisen“, kritisiert Gerstlauer. Das habe Auswirkungen auf die Abrechnungen und sei durch den zusätzlichen Arbeitsaufwand eigentlich nicht mit der erforderlichen Effizienz vereinbar.

Um diese zusätzlichen Aufgaben bewältigen zu können, wolle er zunächst sein Team vergrößern, erklärt Gerstlauer. Er könne sich auf tragende Säulen verlassen, achte dennoch gezielt auf die Belastung. Denn in einem jungen Team, das noch wenig vor Ort verwurzelt sei, vergrößerten zu hohe Erwartungen leicht die Fluktuation. „Der niedrige Altersdurchschnitt macht uns als Arbeitgeber sehr attraktiv, und wir profitieren enorm davon“, sagt der Geschäftsführer. „Aber wir können uns nicht auf jahrzehntelang gewachsene Loyalität verlassen, das ist die Kehrseite“, fügt er hinzu.

Er nutze deshalb sämtliche Möglichkeiten, um auch die Aufgaben so attraktiv wie möglich zu gestalten. Die junge Generation sei nur schwer für repetitive Aufgaben zu gewinnen. „Künstliche Intelligenz kann einen wichtigen Beitrag dazu leisten, langweilige Routinen zu ersetzen, und den Mitarbeitern Freiraum für sinnstiftende Aufgaben zu verschaffen“, blickt Gerstlauer in die Zukunft.

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