BAFA-Präsident fordert Veränderungen von der Transportbranche
Torsten Safarik ist Präsident des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) und seit dem 23. Juli 2021 so etwas wie der Menschenrechtsbeauftragte der deutschen Wirtschaft. An diesem Tag wurde das BAFA zur zuständigen Aufsichtsbehörde für das zum 1. Januar 2023 in Kraft getretene Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz. Damals begann die Aufgabe, die dafür erforderlichen Strukturen zu schaffen. „Für mich war das von Anfang an Chefsache“, betont Safarik im Gespräch mit der DVZ.
Seine Behörde gehört zu den staatlichen Stellen „mit der höchsten Lenkungswirkung“ und vergibt jährlich fast 100 Milliarden Euro zu beinahe gleichen Teilen an Unternehmen und Privathaushalte, zum Beispiel für die energetische Gebäudesanierung oder bis zum Ende vergangenen Jahres auch für die E-Mobilität. Darüber hinaus prüft sie die Ausfuhren von Gütern, für die es Embargos und Sanktionsmaßnahmen gibt, und ist Dach der unabhängigen Abschlussprüferaufsichtsstelle für Wirtschaftsprüfer.
Zwar entfalle ein Großteil der Tätigkeit des BAFA auf den Bereich Wirtschafts- und Energieförderung, die Kontrollaufgaben nach dem LkSG besäßen aber einen ebenso hohen Stellenwert: „Menschenrechte zu sichern, ist immer das Wichtigste.“ Zudem stehe das Thema im Fokus der Öffentlichkeit. Als Beispiel nennt der BAFA-Chef die beiden Streiks von Lkw-Fahrern der polnischen Spedition Mazur an der Raststätte Gräfenhausen. Den ersten hatte der Speditionschef Łukasz Mazur durch seinen Auftritt an Karfreitag begleitet von einer paramilitärischen Gruppe im Panzerwagen zum Medienereignis gemacht. Bei der zweiten Protestaktion war Safarik selbst vom schlechten Gesundheitszustand der rund 30 hungerstreikenden Fahrer so erschrocken, dass er eingeschritten ist, um Schlimmeres zu verhindern: „Das war der Moment, in dem ich persönlich Angst hatte, dass wir Tote auf diesem Rastplatz sehen.“
Krisensituation menschlich bewältigt
Bis heute ist er dankbar, dass Unternehmen aus der Lieferkette aus humanitären Gründen zu spenden bereit waren, um die Krisensituation zu beenden. Genauso erfreut ist er darüber, dass alle die vereinbarte Vertraulichkeit gewahrt haben. Die Beteiligten hätten unter schwierigen Umständen pragmatisch und verantwortungsvoll gehandelt. Das sei aus seiner Sicht vor allem menschlich die bestmögliche Lösung gewesen, die seinerzeit erreichbar war.
Damals sei es auch darum gegangen, dass kein Streiktourismus entsteht, bei dem Fahrer durch die Medienaufmerksamkeit Zahlungen erwarten. Noch vor Ort hatte Safarik deshalb angekündigt, einen Krisengipfel einzuberufen, um zu verhindern, dass sich so etwas wiederholt. Zu diesem hatte er Gewerkschaften, Vertreter der Zivilgesellschaft, Unternehmen, Verbände und Arbeitgebervertreter für den 16. Oktober 2023 eingeladen.
Bei dem Gespräch mit wichtigen Stakeholdern in der BAFA-Außenstelle Borna stellte der Präsident der Behörde die Erkenntnisse aus der Sichtung von über 1.000 Dokumenten vor, die BAFA-Mitarbeitern an der Raststätte im Vertrauen auf ihre Unterstützung von den Fahrern freiwillig übergeben wurden; manche davon hatten diese selbst bereits öffentlich gemacht. „Wir haben auf den Lkw der rund 120 streikenden Fahrer unter anderem Waren von 53 Unternehmen gefunden, die dem LkSG unterlagen. Das entspricht 5 Prozent aller damals von der Regelung betroffenen Unternehmen – das ist sehr viel.“ Zwei Drittel dieser Betriebe habe erst durch Externe davon erfahren, „die Hälfte durch uns“.
Sehr aktiv in der Risikobranche
Darüber hinaus seien die Mazur-Fahrer Teil der Lieferkette von 64 weiteren Unternehmen gewesen, für die das LkSG erst seit diesem Jahr gelte; diese habe das BAFA nun natürlich ebenfalls auf dem Zettel. Er sehe das Transportgeschäft inzwischen als Risikobranche in Sachen Menschenrechte. Deshalb betont er, dass „das BAFA bei seiner Arbeit dort weiterhin aktiv sein und genau hinsehen wird“. Im LkSG gehe es nicht darum, pflichtschuldig Berichte zu schreiben. Vielmehr sollten sich die Unternehmen „mit den Arbeitsbedingungen auseinandersetzen und diese menschenwürdig gestalten. In der Transportbranche muss sich etwas ändern.“
Zu den größten Risikofaktoren gehöre die Untervergabe von Aufträgen, die er aber keineswegs verbieten wolle, weil sie für die Branche existenziell wichtig sei. „Es geht darum, die Menschenrechte zu verbessern – und nicht durch Verbote irgendwelche Verlagerungseffekte zu erzielen“, betont er. Das BAFA verstehe sich als Partner der Wirtschaft, deshalb wolle er nicht alle Unternehmen pauschal für die Fehler der schwarzen Schafe bestrafen. Die Verantwortlichen wüssten zu würdigen, was einige bereits erreicht hätten, die sich sehr bemühen.
Inzwischen hat die Behörde einen zweiten Branchendialog in Borna veranstaltet, um praxistaugliche Handlungsempfehlungen zu erarbeiten, beispielsweise zum Umgang mit Spotmärkten. Safarik lobt den konstruktiven und kontroversen Dialog bei dem Zusammentreffen ausdrücklich und verspricht, aus den Vorschlägen eine Handreichung für die Transportbranche zu erarbeiten. Inhalte wollte er jedoch noch nicht vorwegnehmen: „Wenn wir als BAFA Position beziehen, muss das Hand und Fuß haben.“