Konzentration auf Ladeinfrastruktur

Bei einem parlamentarischen Abend in der niederländischen Botschaft in Berlin ging es unter anderem um die Perspektive für die E-Mobilität im Schwerlastverkehr, den Aufbau eines Ladenetzes und die langen Genehmigungsverfahren in Deutschland. Der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik und die Botschaft hatten dazu eingeladen.

Die Diskussionsrunde beim parlamentarischen Abend in der niederländischen Botschaft (v.re).: Thomas Lutze (SPD), Stefan Gelbhaar (Grüne), Christoph Ploß (CDU), Frank Huster, Hauptgeschäftsführer DSLV Bundesverband Spedition und Logistik, Andrees Gentsch, Mitglied Hauptgeschäftsführung Bundesverband Energie- und Wasserstoffwirtschaft, Anja van Niersen, Geschäftsführerin Milence, Sebastian Reimann, Chefredakteur der DVZ und Moderator. (Foto: Regina Sabloty)

Wir verkämpfen uns nicht mehr in der Forderung nach einer Förderung für klimafreundliche Lkw“, sagte Frank Huster, Hauptgeschäftsführer des DSLV bei einer Diskussionsveranstaltung in Berlin am vergangenen Mittwoch. Wichtiger sei es, sich auf den Aufbau der Ladeinfrastruktur für E-Lkw zu konzentrieren. Der Verband hatte zusammen mit der Niederländischen Botschaft zu einem parlamentarischen Abend zum Thema CO₂-freie Transporte eingeladen. Nach dem Wegfall der Fahrzeugförderung habe er festgestellt, dass die Preise für E-Lkw sanken. Die Hersteller hatten wohl eine größer Handelsspanne eingepreist.

Den Fokus auf die Ladeinfrastruktur bestätigte auch Verkehrsstaatssekretär Hartmut Höppner im Gespräch mit der DVZ. Angesichts knapper Kassen müsse das Bundesverkehrsministerium Prioritäten setzen. Ähnlich äußerte sich Stefan Gelbhaar, verkehrspolitischer Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion in der Diskussionsrunde. Der E-Lkw werde sich durchsetzen, und die Politik sollte in dieser Frage Klarheit schaffen.

Differenzen über Kraftstoffe

Damit provozierte er den Widerspruch von Christoph Ploß, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Verkehrsausschuss und unter anderem zuständig für Klimaschutz. Er wünscht sich mehr Technologieoffenheit, also die Berücksichtigung auch von E-Fuels oder Biokraftstoffen als alternative Kraftstoffe. Thomas Lutze (SPD), Mitglied im Verkehrsausschuss, sagte, man müsse zwischen Neufahrzeugen und der Bestandsflotte unterscheiden. Bei Letzteren benötige man E-Fuels und HVO100. „Wir brauchen auch mehr Schiene“, so Lutze. Doch die biete derzeit nicht genügend Kapazität.

Anja van Niersen, Geschäftsführerin des Start-ups Milence, beklagte lange Genehmigungsverfahren. Ihr Unternehmen baut Ladeinfrastruktur auf. Vor allem in Deutschland dauere es lange – teilweise bis zu acht Monate –, bis eine Behörde eine Genehmigung ausstellt. „Manche Länder schaffen es in drei Wochen“, so van Niersen. „Dann können wir Infrastruktur da aufbauen, wo sie gebraucht wird.“

Zwei Milence-Standorte in Deutschland

Milence plant, bis 2027 rund 1.700 Ladepunkte in Europa zu errichten. Dafür stehen dem Unternehmen 500 Millionen Euro zur Verfügung. Das Start-up ist ein Joint Venture der Fahrzeughersteller Daimler Truck, Traton und Volvo. Zwei Standorte an der A9 in Vockerode in Sachsen-Anhalt und an der A4 am Hermsdorfer Kreuz in Thüringen hat es in Deutschland bereits errichtet. Weitere Standorte sind in der Planung. „In 15 europäischen Ländern brauchen wir 10.000 bis 12.000 Ladepunkte“, sagte van Niersen.

Andrees Gentzsch, Mitglied der Hauptgeschäftsführung im Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, ist der Überzeugung, dass viele lange Genehmigungsprozesse auf einem Kommunikationsproblem gründen. „Wir haben ein sehr gutes Stromnetz mit einer Länge von 1,8 Millionen Kilometern“, sagte er. Er glaube nicht, dass eine Genehmigung eines Netzbetreibers acht Monate dauere. Er würde sich wünschen, dass die Bedarfe frühzeitig angemeldet würden. Denn der Betreiber müsse eine Netzverträglichkeitsprüfung durchführen und feststellen, ob für Ladesäulen genügend Leistung vorhanden sei. Das dauere bei Mittelspannung zwei bis drei Jahre, bei Hochspannung zwischen fünf und zehn Jahren. „E-Mobilität mit Strom ist ein nachhaltiges Produkt. Das ist super“, so Gentzsch. „Wir sollten darin die positiven Dinge sehen.“

Einen kleinen Disput hatten Ploß und Gelbhaar über die Finanzierung von Infrastruktur und wohin die Einnahmen aus der Lkw-Maut fließen sollen. Ploß ärgert sich, dass sie in den allgemeinen Haushalt gehen, anstatt sie in die Straßeninfrastruktur zu investieren. Gelbhaar wies ihn darauf hin, dass von den rund 15 Milliarden die Hälfte für die Straße reserviert sei, der Rest stehe auch der Infrastruktur zur Verfügung, ein großer Teil davon für die Schiene. „Die Bahn entlastet die Straße“, hob Gelbhaar hervor.

„Meine Sorge ist: Es muss gespart werden, aber an die sozialen Töpfe geht man nicht ran“, entgegnete Ploß. Dagegen sprach sich Lutze entschieden aus. Er warnte davor, Soziales und Verkehr gegeneinander auszuspielen.

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