Kreislauf für Batterien
Die Frage, in welche Richtung sich die Batterietechnologie entwickelt, beschäftigt die Hersteller von Elektrofahrzeugen derzeit ebenso stark wie die Thematik der resilienten Lieferketten. Damit gehört die Batterielogistik aktuell zu den wichtigsten Forschungsbereichen in der Branche – und aufgrund ihres Beitrags zur Energie- und Mobilitätswende zu den Themen mit einer besonders hohen Relevanz für Wirtschaft und Gesellschaft. Fragen der Sicherheit im Handling von Batterien und vor allem auch die berechtigte Forderung nach mehr Nachhaltigkeit machen es für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler derzeit besonders spannend, sich mit der Batterielogistik zu beschäftigen. Das immense Interesse der Industrie, die mit Nachdruck nach nachhaltigen Lösungen sucht, bestärkt sie darin, neue Wege zu gehen. So sind am „Innovationslabor für Batterie-Logistik in der E-Mobilität“ (InnoLogBat), in dem das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik IML derzeit gemeinsam mit der Universität Leipzig zum Handling von Batterien in einer Kreislaufwirtschaft forscht, auch drei große Player aus der Batterielogistik – Remondis Industrie Service, Rhenus Automotive sowie Mercedes-Benz Energy – beteiligt.
Vielversprechende Entwicklungen
Die Forschenden des InnoLogBat adres- sieren drei Themenfelder. In jedem ist der Kreislaufgedanke fest verankert. Zunächst wird die Lagerung aus Sicht verschiedener Beteiligter betrachtet: vom Standpunkt des Herstellers mit dem Fokus auf neuen Batterien, aus der Perspektive des weiterverarbeitenden/verbauenden Unternehmens mit Blick auf eine Pufferung und Produktionsversorgung sowie aus der Sicht des Recyclers mit dem Schwerpunkt auf defekten oder ausrangierten Batterien. Hier spielen Brandschutz- und Sicherheitskonzepte eine besonders große Rolle, ohne deren Beachtung es zu schweren Unfällen kommen kann.
Das zweite Themenfeld umfasst die innerbetrieblichen Transporte in den oben genannten Lagern. Hier werden zum Beispiel die Transportgeschwindigkeit und neue Beförderungsmittel betrachtet. Darüber hinaus wird innerhalb dieses Bereichs der außerbetriebliche Transport von Batterien für die E-Mobilität adressiert, besonders die erforderlichen Verpackungen und Sicherungen. Speziell der Transport von kritischen Batterien (etwa solchen, die nach einem Rückruf oder Unfall ausgetauscht wurden) ist heute nur mit großem Aufwand möglich. Doch gerade sie müssen gesammelt und recycelt werden. Entsprechend sind neuartige Verpackungen zu entwickeln.
Last, but not least wird das Supply Chain Management für Batterien in der E-Mobilität adressiert. Die weltweit stark ansteigende Batterieproduktion sowie das Handling von kritischen Batterien erfordern nachhaltige Logistikkonzepte. Einen wesentlichen Beitrag hierzu sollen neue digitale Prozessschnittstellen liefern, die schnelle datenbasierte Entscheidungen ermöglichen, um Gefährdungspotenziale so gering wie möglich zu halten und effiziente Lieferketten über alle OEMs, Werkstätten, Lagerhallen und Entsorger hinweg zu gestalten. Passende Daten können beispielsweise aus der Warenverfolgung und Transportüberwachung stammen.
Die technologischen Entwicklungen, die sich durch alle Themenfeldern ziehen, sollen für mehr Sicherheit bei der Lagerung, dem Handling, dem Transport und der Wiederverwendung von Batterien sorgen. Besonders vielversprechend scheint, Batterien mit einer fälschungssicheren Historie zur klaren Unterscheidung von neuen, gebrauchten und defekten Batterien auszustatten. Auch die Erfindung neuartiger Sensorik beispielsweise in Ladehilfsmitteln oder Transportbehältern kann zur frühzeitigen Erkennung von kritischen Defekten transportierter Batterien dienen. Des Weiteren entsteht im Labor ein Leitfaden zur Klassifikation von kritischen und unkritischen Batterien.
Von Remanufacturing bis Recycling
Damit Batterien von Elektrofahrzeugen zum Paradebeispiel der Circular Economy werden können, beschäftigt sich das InnoLogBat mit verschiedensten Strategien der Rücknahmelogistik. Dazu zählen Remanufacturing, Repair, 2nd Life und Recycling. Allerdings kann eine Kreislaufwirtschaft nur funktionieren, wenn alle Akteure innerhalb des Ökosystems des Batterie- lebenszyklus Informationen austauschen. So muss der Recycler für einen sicheren und effizienten Recyclingprozess wissen, wie Fahrzeughersteller und Lieferanten die Batterien verbaut haben und welche Bestandteile enthalten sind. Der Logistiker muss jederzeit über den Status der Batte- rien informiert werden, damit er – falls sich Batterien in einem kritischen Zustand befinden – frühzeitig Maßnahmen wie einen Austausch anstoßen kann. Die Forschenden im InnoLogBat setzen darauf, dass Informationen mittels IoT-Devices beziehungsweise Blockchain generiert und an die jeweiligen Akteure übermittelt werden.
Die Industriepartner unterstützen die Forschung mit Preisgabe ihrer technologischen Anforderungen und stellen sensible Daten zur Verfügung, auf deren Basis die Forschenden Lösungen entwickeln können. Das Fraunhofer IML kann dabei auf bereits vorhandene Dienste und Komponenten im Bereich Blockchain bei Gefahrgut zurückgreifen. Die Entwicklungen werden in Projekttreffen mit allen Beteiligten besprochen, evaluiert und iterativ verbessert.
Optimale Batterie fehlt weiterhin
Die optimale Batterie für den Kreislauf ist im Übrigen noch nicht entwickelt: Die Zellchemie „NMC“ dominiert derzeit die E-Mobilität. NMC-Lithium-Ionen-Batterien, in denen Nickel, Mangan und Kobalt enthalten sind, weisen im Vergleich zu anderen Zellchemien eine hohe Energiedichte auf. Allerdings sind Nickel und Kobalt laut EU-Kommission kritische Rohstoffe. Besonders die Verwendung von Kobalt gilt als problematisch, da es vor allem in der Demokratischen Republik Kongo unter menschenunwürdigen Bedingungen gewonnen wird. Um unabhängig von instabilen Drittländern zu werden, wird nach Alternativen gesucht. Die sichere und kostengünstigere LFP-Zellchemie beispielsweise kommt ohne Kobalt aus. Doch bis sie marktreif ist, wird die NMC in der breiten Masse der E-Mobilität kurz- bis mittelfristig weiterhin dominieren.
Dasselbe gilt für Feststoffbatterien: Bevor sie der klassischen Lithium-Ionen-Batterie Konkurrenz machen können, sind noch verschiedene technologische Fragen zu beantworten und die Produktionskosten zu senken. Darüber hinaus muss der rechtliche Flickenteppich für Handling, Transport und Lagerung von Batterien vereinheitlicht werden. Auch daran ist das InnoLogBat beteiligt, da diese Parameter ebenfalls die Forschung beeinflussen. (kl)