Nachhaltigkeit: Es wird teuer, aber alle profitieren
Wir benötigen die nachwachsenden Ressourcen von 1,8 Erden. „Und 1,8 ist größer als 1. Damit ist die Frage des nachhaltigen Umgangs weltweit bereits beantwortet. Wir sind nicht nachhaltig und müssen es werden, sonst haben wir bald in vielen Bereichen sehr große Probleme.“ Mit dieser eindringlichen Warnung eröffnete TV-Meteorologe Sven Plöger in der vergangenen Woche den 2. DVZ Sustainability Day in Düsseldorf. Vor mehr als 100 Zuschauern diskutierten Vertreter aus der Transport- und Logistikbranche Risiken, aber auch Chancen einer nachhaltigen Transformation.
Wer bezahlt die Rechnung?
CO₂-Reduzierung und soziale Gerechtigkeit lösen eine Fülle von Investitionen aus. Noch sind viele Fragen für die Branche unbeantwortet. Logistik muss teurer werden. Diese Meinung vertritt Moritz Petersen. „Die tatsächlichen Kosten sind in der Berechnung bislang gar nicht inkludiert“, meint der Direktor des Centers for Sustainable Logistics and Supply Chains an der KLU Kühne Logistics University in Hamburg. Die sozialen und ökologischen Kosten müssten künftig Teil der Rechnung sein. So werde die nachhaltige Transformation für alle teurer, auch für den Endverbraucher. Letzlich profitierten aber auch alle.
„Wir werden versuchen, die Kostensteigerungen, die uns auferlegt werden – sei es durch Russland, sei es durch CO₂-Maut, sei es durch Nachhaltigkeit –, an unsere Kunden weiterzugeben und die wiederum an ihre“, stellte Jochen Quick, der Präsident des Bundesverbands Wirtschaft, Verkehr und Logistik (BWVL), in Düsseldorf klar. Damit die Transformation gelinge, müsse sich aber auch die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und der Politik verändern. „Bei einer öffentlichen Ausschreibung gewinnt noch immer nicht der Nachhaltigste, nicht der Beste, sondern der Billigste. Und solange das so ist, werden sich die Dinge auch bei allen anderen nicht ändern“, ist sich Quick sicher.
Trotz allem könnte gerade die Logistik von der Nachhaltigkeit profitieren. „Ich glaube, es ist eine Riesenchance für das Transportgewerbe, dass man deutlich macht, wie wichtig diese Dienstleistung für die Industrienation Deutschland ist, und dass man dafür auch einen vernünftigen Preis bezahlen muss“, sagte Gerhard Schulz, Vorsitzender der Geschäftsführung des Mautbetreibers Toll Collect.
Zukunftsfähige Transportlösungen
Nachhaltige Logistik verursacht zunächst aber einiges an Aufwand. Insbesondere die Erhebung der eigenen Emissionsdaten stellt dabei für viele noch immer eine große Herausforderung dar. Viele Unternehmen nutzen zudem bislang häufig Kompensationsprojekte, um ihre CO₂-Bilanz zu verbessern. Dies kann aber nur ein Hilfsmittel sein, stellte Big-Mile-CEO Tobias Häßler klar: „Kein Unternehmen ist grün, wenn es kompensiert. Die Emissionen müssen verhindert werden.“
Wie es gehen kann, zeigte Kay Simon, der bei MEWA Textil-Service für nachhaltige Mobilitätskonzepte verantwortlich ist. Das Unternehmen testet in der Schweiz den Einsatz eines Wasserstoff-Lkw und setzt in der Citylogistik auf Lastenräder. Auf Brückentechnologien verzichtet MEWA hingegen komplett. Weitere Beispiele aus der Praxis gab es von Contargo, Brunsbüttel Ports und DB Cargo.
Nachhaltigkeit muss ein Geschäft werden
Nina Göntgen-Voss, Director Sustainability bei Forto, beschäftigt sich bereits seit 2017 mit Nachhaltigkeit in der Logistik. Sie sieht mittlerweile immer mehr ökonomische Chancen durch nachhaltige Logistiklösungen: „Stück für Stück entwickeln sich neue Produkte.“ Laut Florian Wecker, Mitinitiator des Deutschen Nachhaltigkeitspreises, werden jene Unternehmen profitieren, „denen es gelingt, ökonomische, ökologische und soziale Aspekte zu verbinden und so idealerweise ein Alleinstellungsmerkmal zu erreichen“.
Auch für Sven Plöger ist klar, dass Idealismus bei dem Thema nicht ausreicht: „Ich glaube, der Klimaschutz, der Umgang mit Natur und Nachhaltigkeit, muss ein Geschäft werden. Da will jeder mitmachen. Dann sind alle dabei.“