„Sanktionen betreffen auch Geschäfte mit deutschen Firmen“

Deutsche Außenhändler und Logistiker sind angehalten, ihre Vertragsbeziehungen zu Geschäftspartnern genau zu durchleuchten, mahnt Lothar Harings, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen, im Gespräch mit der DVZ. Und er sieht Spielraum für noch schärfere Sanktionen.

Lothar Harings ist Partner bei der Wirtschaftskanzlei Graf von Westphalen und geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Zollakademie. (Foto: HZA)

Herr Harings, von den Sanktionen, die bisher gegen Russland verhängt worden sind: Was ist dort das schärfste Schwert?

Harings: Das ist sicherlich der nun beschlossene Ausschluss Russlands aus dem internationalen Bankenkommunikationssystem Swift. Das wird die russische Wirtschaft hart treffen. Auch  die sektoralen Exportbeschränkungen für einzelne Bereiche wie den Luftfahrt- oder den Energiesektor werden dort spürbar sein. Gleiches gilt für die Sanktionen gegen einzelne Personen inklusive der Reisebeschränkungen. Die Sanktionen gegen Politiker wie Präsident Putin selbst oder Außenminister Lawrow haben zwar eher Symbolwirkung, soweit aber Unternehmer und ihre Gesellschaften betroffen sind, verbietet das sogenannte Bereitstellungsverbot jegliche Geschäfte mit diesen.

Sie haben vor einigen Jahren auch die Sanktionen im Atom-Streit mit dem Iran sehr genau untersucht.  Wenn man das vergleicht, sind wir da jetzt schon auf einer vergleichbaren Ebene, was die Schärfe der Sanktionen angeht?

Da muss man differenzieren: Die erste Sanktionsrunde mit den Beschlüssen vom Mittwoch vergangener Woche war davon noch weit entfernt. Allein die Iran-Sanktionen der EU beinhalteten etwa im Jahr 2012 Ausfuhrbeschränkungen für den gesamten Bereich Erdöl, Erdgas, Petrochemie, wobei die wichtigsten Firmen des Landes, wie die National Iranian Oil Company gelistet wurden. Auch der Transportsektor war betroffen. Es gab ferner Beschränkungen für Dual-Use- sowie für Hightech-Güter. Und es gab zeitweise sogar ein Verbot, überhaupt Finanztransaktionen vorzunehmen zwischen Iran und der EU. Damit war der gesamte Zahlungsverkehr lahmgelegt, beziehungsweise konnte nur mit Genehmigungen durchgeführt werden. Mit den Sanktionen vom Freitag und dem beschlossenen partiellen SWIFT-Ausschluss russischer Banken nähern wir uns dem.

Heißt, die Wirtschaft im Iran war wirklich lahmgelegt?

Richtig! Iran wurde ganz weitgehend vom Wirtschaftsverkehr abgeschnitten. Das wurde aber über die EU-Sanktionen hinaus maßgeblich durch die extraterritorial wirkenden US-Sanktionen und daraus folgend die Weigerung der Banken, auch erlaubtes Iran-Geschäft zu finanzieren, bewirkt. Diesen Zustand haben wir bezogen auf Russland noch lange nicht erreicht.

Wie sollten Außenhändler und Logistikunternehmen mit den aktuellen Sanktionen gegen Russland umgehen?

Es ist sicher angezeigt, tagesaktuell die Entwicklungen im Auge zu behalten. Denn die letzten Tage haben ja gezeigt, dass noch weitere Sanktionen hinzukommen können. Ferner sollte man sich einen Überblick über die Risiken verschaffen, die dadurch für das eigene Unternehmen entstehen können. Hilfreich ist ein Risiko Mapping, indem man festlegt, wo man überhaupt aktiv ist, welche Vertragspartner man hat und inwieweit einen die Sanktionen treffen. Dabei sind vor allem Vertragsbeziehungen und Zahlungsflüsse zu durchleuchten, die möglicherweise betroffen sein könnten. Denn da kann es böse Überraschungen geben.

Warum? 

Die Sanktionen treffen nicht nur russische Unternehmen - wenn man etwa Geschäfte mit einem deutschen Unternehmen macht, das russische Anteilseigner oder Eigentümer hat, und wenn diese Personen oder Firmen dann sanktioniert werden, darf man auch mit dem deutschen Unternehmen keine Geschäfte mehr machen. Deshalb sind solche Überprüfungen des sogenannten „Ultimate Beneficial Owners („UBO“)“ so wichtig und sollten unbedingt durchgeführt werden.

Wie steht es um den konkreten Warenversand? Ist beispielsweise mit Problemen beim Zoll zu rechnen?

Bei Einführung neuer Sanktionen gibt es erfahrungsgemäß immer eine Unsicherheit in der praktischen Handhabung. Unternehmen sollten daher Ausfuhren, bei denen sie nicht 100-prozentig sicher sind, dass sie unkritisch sind, erst einmal stoppen. Ich denke, das handhaben auch viele Firmen schon so, weshalb der Warenfluss nach Russland bereits deutlich ins Stocken geraten sein dürfte.

Was sollten Unternehmen bezogen auf Sanktionen noch bedenken?

Ein Punkt ist ganz wichtig! Es gibt bei der Listung von Personen oder Unternehmen keine Übergangsfristen oder eine Art Bestandsschutz bezogen auf Altverträge. Sobald die Sanktionen im EU-Amtsblatt veröffentlicht sind, gelten sie unmittelbar. Anders ist das bei den sektoralen Sanktionen, etwa bezogen auf den Energiesektor oder die Luftfahrt; hier gibt es verschiedene Übergangsfristen für vor dem 26. Februar 2022 geschlossene Verträge.

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