Fachkräftemangel: Neue Lösungen sind gefordert

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) wirbt für den unternehmensübergreifenden Einsatz von Fahrpersonal. Digitale Plattformen können die Einsatzplanung und Steuerung erleichtern.

Training für angehende Lokführer: Am Simulator werden reale Situation nachgestellt. (Foto: Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben)

Hoher Wettbewerbsdruck und zu wenig Personal: Der Fachkräftemangel setzt den Schienengüterverkehr trotz positiver Wachstumszahlen zunehmend unter Druck. „Wir erleben bei den Güterbahnen die Wachstumsstory, für die wir hart gearbeitet haben. Doch neben bestimmten politischen Rahmenbedingungen ist es vor allem der Fach- und Arbeitskräftemangel, der zum Hemmschuh für mehr Wachstum wird“, beklagt Joachim Berends, Vizepräsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV), anlässlich dessen Jahrestagung. Mit mehr Personal könne die Branche glatt 50 Prozent mehr Aufträge annehmen.

Besonders drastisch ist der Bedarf an Mitarbeitenden im Fahrbetrieb, zeigt eine repräsentative Umfrage der VDV-Arbeitgeberinitiative. Befragt wurden 38 Güterbahnen in Deutschland zu ihrem Personalbedarf. „Es fehlen schon jetzt deutschlandweit mindestens 3.000 Triebfahrzeugführerinnen und Triebfahrzeugführer – Tendenz steigend“, beobachtet Berends. Insgesamt gebe es davon rund 40.000 in Deutschland.

Kooperation trotz Wettbewerb

Um der akuten Personalknappheit entgegenzuwirken, wirbt der Verband für einen unternehmensübergreifenden Einsatz von Fahrpersonal. „Wettbewerb und Kooperation sind kein Widerspruch“, ist Berends überzeugt. „Wenn Lokführerinnen und Lokführer unerwartet – zum Beispiel durch Verspätungen – frei sind, können diese, wenn sie die Kriterien erfüllen und willens sind, auch an den Wettbewerber ausgeliehen werden.“

Bei der praktischen Umsetzung können digitale Plattformen wie „Wilson“ helfen. Die Software bietet unter anderem Module zur Personalverwaltung und -steuerung, Einsatzplanung und Disposition sowie zur digitalen Erstellung von Abrechnungen an. Zusätzlich wird über „Wilson Share“ der Zugang zu einem erweiterten Netzwerk von Lokführern angeboten, um Engpässe zu vermeiden und eine bessere Auslastung von Ressourcen zu ermöglichen.

Trotz der bestehenden Wettbewerbssituation müsse die Branche in bestimmten Bereichen bereit sein zusammenzuarbeiten, ist Berends überzeugt. Erste Ansätze für eine kooperative Personalsuche gibt es auch durch Initiativen wie das Webportal „In dir steckt Zukunft“, das Unternehmen und Berufe vorstellt sowie über offene Stellen in der Branche informiert.

Steigender Personalbedarf

Wie hoch der Personalbedarf in den Verkehrsunternehmen derzeit ist, zeigen auch die Ergebnisse der VDV-Umfrage. Mit 76 Prozent hat die Mehrheit der befragten Unternehmen 2022 im Vergleich zum Vorjahr mehr Personal eingestellt. Der Bedarf habe gegenüber 2021 „zugenommen“ (58 Prozent) oder „stark zugenommen“ (13 Prozent). In rund 29 Prozent der Unternehmen sei der Bedarf an Personal unverändert geblieben, bei keinem ist er gesunken.

Darüber hinaus haben 24 Prozent der Befragten angegeben, dass sie 2022 aus personellen Gründen ihren Betrieb zeitweilig einschränken mussten. Ein gesteigertes Interesse an der Arbeit in der Branche nehmen immerhin rund 44 Prozent wahr.

Die Anzahl der Bewerbungen war bei vielen Unternehmen entweder gleichbleibend (43,2 Prozent) oder hat sich verschlechtert (43,2 Prozent). Hinzu kommt, dass sich auch die Qualität der Bewerberqualifikationen in den Augen von 67,6 Prozent der befragten Unternehmen in den letzten Jahren verschlechtert hat.

Auch die Politik ist gefragt

Die Vakanzzeiten nachzubesetzender Stellen seien gemäß der Bundesagentur für Arbeit für Lokführerinnen und Lokführer zwar nicht mehr so immens wie zu dem Zwischenhoch 2020, aber dennoch „weiter viel zu hoch. Es ist auf der anderen Seite so, dass es viel mehr Stellenangebote für Schienenfahrzeugführer gibt, als Arbeitssuchende mit diesem Zielberuf“, so Berends.

Um dem hohen Bedarf an Personal begegnen zu können, hofft der Verband auch auf den Masterplan Schienengüterverkehr und dessen Aussagen zur Personalbeschaffung und -entwicklung. „Dabei sind auch Bund und Länder gefordert, etwa bei der verkehrsträgerübergreifenden Gleichstellung der personellen Fördermaßnahmen, bei der Einführung von verpflichtenden Inhalten in der Ausbildung für Speditionskaufleute oder bei der Harmonisierung beruflicher Bildungswege“, fordert Berends.

Hoffnung bietet hingegen die verstärkte gesellschaftliche und wirtschaftliche Relevanz beim Thema Nachhaltigkeit – beispielsweise mit Blick auf emissionsfreie Transporte. Gerade bei den jungen Generationen könnten sowohl der Schienengüterverkehr als auch der Kombinierte Verkehr unter diesem Aspekt punkten. (cd)

Der VDV

Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) vertritt rund 650 Unternehmen des öffentlichen Personenverkehrs (ÖPV) und des Schienengüterverkehrs (SGV). Der VDV-Vorstand besteht aus Präsident Ingo Wortmann und fünf Vizepräsidenten. Die Ämter werden ehrenamtlich von Vertretern der VDV-Mitgliedsunternehmen ausgeübt.

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