Der DVZ-Speditionsmonitor Prozesse/IT wird digital
„Kein Spediteur stellt gerne Berichte von Hand zusammen“, sagt Christian Meyer, Geschäftsführer von Abacab Cloud Solutions. Der Fachmann für die IT-Unterstützung von Prozessen in Speditionen hat 2023 die Datenerhebung für den DVZ-Speditionsmonitor Prozesse/IT gemeinsam mit dem TMS-Experten Rainer Hoppe durchgeführt und dabei direkt erfahren, dass die Kennzahlen nicht auf der Straße liegen. „Obwohl viele Werte, die wir betrachtet haben, für die tägliche Erfolgskontrolle relevant sind, war es für etliche Unternehmen nicht einfach, sie abzurufen“, berichtet er.
Auch Prof. Thomas Krupp stellt immer wieder fest, dass der Digitalisierungsgrad der Logistikdienstleister in der Praxis dem theoretischen Ideal deutlich hinterherhinkt. „Dabei liegt ein Schlüssel zu effizientem Arbeiten in einer durchgehenden Vernetzung sämtlicher wichtigen Datenquellen“, betont der Professor für Transport- und Verkehrslogistik an der Technischen Hochschule Köln. Gemeinsam mit Meyer hat er deshalb seit dem Winter an einem Konzept gearbeitet, das den Speditionsmonitor digitalisieren und künftig automatisieren soll.
„Wir haben das Transport Management System (TMS) als Datendrehscheibe ins Zentrum unserer Überlegungen gerückt und ein Kennzahlen-Set abgeleitet, das in modernen Anwendungen kontinuierlich zur Verfügung steht“, erklärt Krupp das Vorgehen. Das Team um den Hochschullehrer wählte neben der Top-Level-Kennzahl Umsatz je Mitarbeiter pro Monat für die Gesamtleistung zusätzlich die Betrachtungsperspektiven Effizienz, Qualität und Ökologie aus.
Aktuelle Daten auswerten
„Der Speditionsmonitor ist als Instrument konzipiert, das die Prozessqualität der Dienstleister auf einer einheitlichen Basis vergleichbar macht“, verdeutlicht Meyer den Anspruch hinter dem neuen Konzept. „Wir wollen den Unternehmen Impulse geben, sich mit den Hebeln zur Verbesserung ihrer Arbeitsweise auseinanderzusetzen“, unterstreicht auch Krupp. Im Zentrum stehe dabei der Anreiz, die Digitalisierung des Auftragsmanagements und der Prozesse zu vertiefen. „Unser Ziel ist es, einen möglichst breiten Überblick des Status quo im Stückgut- und Teilladungsmarkt zu schaffen“, betont er und fügt hinzu: „Dabei rückt die Automatisierung von Prozessen fast schon naturgemäß in den Mittelpunkt.“
Dabei gehe es ihnen nicht darum, aufwendige Auswertungen abzufragen, sondern mit einfachen Betrachtungen die niedrighängenden Früchte zu ernten, die bereits sinnvolle Einblicke vermittelten. Deshalb haben Krupp und Meyer ihre Ideen bereits in einem frühen Stadium mit den TMS-Anbietern Anaxco und Sirum diskutiert, deren Einschätzung erfragt und ihre Expertise zur Weiterentwicklung eines Kennzahlen-Sets genutzt, das sich künftig automatisch abrufen lassen wird.
„Der Ansatz, den wir jetzt verfolgen, entspricht im Wesentlichen dem Dashboard-Konzept, das tagesaktuelle Auswertungen erlaubt, mit denen die Logistikdienstleister ihre Prozesse im Tagesgeschäft nachsteuern können“, berichtet Krupp. „Das Ergebnis ist ein Cockpit, an dem jeder Speditionsleiter gravierende Störungen in einem Arbeitsbereich sofort erkennen kann“, formuliert der Hochschullehrer selbstbewusst.
Von Praktikern bestätigt
Mit gutem Grund: Der Benchmarking-Experte hat die Praxistauglichkeit des Konzepts auch im Gedankenaustausch mit dem Geschäftsführer einer Systemkooperation sowie dem Speditionsleiter und Controlling-Chef eines mittelständischen Dienstleisters mit eigenem überregionalen Stückgutnetz überprüft. „Die Kennzahlen, die wir jetzt erheben, sollten Speditionsgeschäftsführer in ihrem Unternehmen täglich betrachten“, bekräftigt auch Prozessexperte Meyer. In Systemkooperationen sei das ohnehin gängige Praxis.
Im Bereich Effizienz haben sie sich für die Anzahl der täglich disponierten Sendungen je Mitarbeiter in der Disposition, die Anzahl der pro Tag umgeschlagenen Packstücke je Mitarbeiter im Umschlag, die Anzahl der an einem Arbeitstag abgerechneten Sendungen je Mitarbeiter in der Abrechnungsabteilung und die Anzahl der umgeschlagenen Packstücke pro Quadratmeter Umschlagfläche entschieden. Die Qualität der Prozesse wollen sie anhand der durchschnittlichen Anzahl Stopps je Tour, der Quote der eingehaltenen Abhol- und Zustellzeiten sowie der Quote der Sendungen mit manueller Anpassung von Daten messen. Als Nachweise für ökologisch nachhaltiges Arbeiten erheben sie die Quote der Sendungen mit CO₂-Nachweis sowie den Anteil der Mautkilometer je Tour, differenziert nach Antriebs- beziehungsweise Kraftstoffart.
„Natürlich bieten all diese Werte keine vollständige Vergleichbarkeit, es wird dabei immer zu Unschärfen durch Größe und Struktur der Betriebe kommen“, betont Krupp und fügt sofort hinzu: „Trotzdem sind sie aussagekräftig genug, um – im übertragenen Sinne – die Wassertemperatur zu bestimmen, zwar nicht im Sinne eines Benchmarkings, aber immerhin als grobes Leistungsbild.“ Die TMS-Anbieter Anaxco und Sirum setzen dieses Kennzahlen-Set bereits als Dashboard in ihren Anwendungen um. „Wer damit nicht nur seine eigenen Arbeitsergebnisse betrachtet, sondern die Daten anonymisiert für unseren Speditionsmonitor zur Verfügung stellt, wird schon bald ein zuverlässiges Bild davon gewinnen, wo sich noch Verbesserungsoptionen finden lassen“, appelliert Meyer an den Ehrgeiz zum Vergleich. „Neben den Verbesserungspotenzialen zeigen die Zahlen auch, welche Prozesse richtig gut laufen“, unterstreicht Krupp: „Datenbasiertes Controlling bietet eine ausgezeichnete Grundlage, um zu loben!“