Automobilindustrie spürt Druck aus Asien

Die deutsche Automobilindustrie steht vor einem grundlegenden Wandel. Das hat Folgen für 
Kontraktlogistiker, die sich darauf 
einstellen.

Asiatische Automobilhersteller wollen mit Elektrofahrzeugen in Europa Marktanteile gewinnen. Das birgt Risiken und Chancen für deutsche Logistikdienstleister. Foto: Picture Alliance/dpa

Der rasante technologische Fortschritt, der Übergang zur Elektromobilität und die wachsende Konkurrenz durch asiatische Hersteller, insbesondere aus China, sind Zeichen des Wandels, dem sich die Automobilindustrie stellen muss. Nicht nur die Produktionsprozesse der Automobilhersteller verändern sich, auch die Logistikbranche als zentraler Akteur in den Lieferketten ist davon stark betroffen. Insbesondere für Kontraktlogistiker ergeben sich im Zuge dieser Transformation eine Reihe von Chancen.

Der Aufstieg der asiatischen Automobilhersteller ist eng mit dem globalen Wandel hin zur Elektromobilität verbunden, da chinesische Unternehmen frühzeitig und massiv in diese Technologie investiert haben. Axel Frey, CEO der Seifert Logistics Group, betont, dass der Wettbewerb aus China in den vergangenen Jahren deutlich an Intensität gewonnen hat. „Diese Hersteller haben stark in die Elektromobilität investiert und profitieren häufig von niedrigeren Produktionskosten. Die weitere Entwicklung der Automobilbranche wird wesentlich davon abhängen, inwieweit die EU die Produktion von Elektrofahrzeugen fördert“, sagt Frey.

Outsourcing nimmt zu

Die deutsche Automobilindustrie stehe unter großem Druck, ihre Produktions- und Entwicklungsprozesse zu beschleunigen, um mit der chinesischen Konkurrenz mithalten zu können. Für Logistikdienstleister wie Seifert birgt diese Situation sowohl Risiken als auch Chancen. Einerseits könnte der Verlust von Marktanteilen deutscher Hersteller zu einer Verschlechterung der Auftragslage führen. Andererseits eröffnen neue Partnerschaften mit asiatischen Herstellern und die Anpassung von Geschäftsmodellen Wachstumspotenziale und die Möglichkeit neuer Aufträge.

Auch Rainer Schmitt, Geschäftsführer der Walter Schmitt GmbH, beschreibt die Konkurrenz durch chinesische Hersteller als zunehmend bedrohlich für die heimische Industrie. „Wir nehmen die chinesische Konkurrenz im Massensegment durchaus wahr. Die in den letzten Jahren stark gestiegenen Fahrzeuganschaffungskosten in einem stark inflationären Umfeld hinterlassen bereits tiefe Spuren im Absatz deutscher Fahrzeugwerke“, so Schmitt. Die deutschen Automobilhersteller geraten durch die aggressive Preispolitik und den technischen Vorsprung der chinesischen Wettbewerber zunehmend unter Druck. Vor allem im Massensegment drohen Marktanteilsverluste.

Dabei spielt die Elektromobilität eine zentrale Rolle. Sie verändert nicht nur die Produktionsmethoden der Automobilhersteller, sondern auch die Anforderungen an die Logistikdienstleister. Elektrofahrzeuge bestehen aus weniger Komponenten als konventionelle Verbrennerfahrzeuge. Das spürt man bei Seifert, wie Frey berichtet: „Durch die Reduzierung der Bauteile und die Vereinfachung des Antriebsstrangs reduziert sich das Volumen der zu transportierenden und zu lagernden Teile, was sich auf unser traditionelles Geschäftsmodell als Logistikdienstleister auswirkt.“

Erhöhter Flächenbedarf

Dieser Rückgang betrifft jedoch vor allem den Transportbereich. Im Bereich der Kontraktlogistik verzeichnet die Seifert Logistics Group hingegen eine Zunahme der Outsourcing-Aktivitäten, die zu einer Steigerung des Auftragsvolumens führt. Insbesondere das Handling und die Lagerung von Batterien, die als Gefahrgut eingestuft sind, ist nicht trivial. „Der Umgang mit Batterien erfordert spezialisierte Logistiklösungen, die sowohl eine Schulung des Personals als auch eine neue Infrastruktur voraussetzen“, stellt Frey fest.

Rainer Schmitt sieht in der Elektromobilität ebenfalls eine große Herausforderung für die Logistikbranche. Seiner Erfahrung nach setzt die parallele Produktion von Verbrenner-, Hybrid- und Elektrofahrzeugen die Produktionsprozesse der Automobilhersteller unter Druck: „Die Parallelproduktion führt zu einer enormen Anspannung in den Produktionsprozessen unserer Kunden. Auch der Platzbedarf ist deutlich höher, so dass unsere Kunden eine Vielzahl von sequenzierten Anlieferungen an die Montagelinien benötigen“, erklärt Schmitt. Langfristig rechnet er jedoch mit einem Rückgang des Flächenbedarfs, wenn die Produktion von Verbrennungsmotoren ausläuft und die Elektromobilität vollends dominiert.

Die weitere Digitalisierung in der Kontraktlogistik ist Voraussetzung, um die steigenden Anforderungen der Automobilindustrie zu erfüllen.

Die Logistikdienstleister stellen sich auf die veränderten Marktbedingungen ein. Für die Seifert Logistics Group bedeutet das, gezielt in moderne Technologien und flexible, skalierbare Logistiklösungen zu investieren, um den Anforderungen der Elektromobilität gerecht zu werden. Neben der Elektromobilität wird es aber auch andere alternative Antriebstechnologien geben. „Wasserstoffantrieb, Biokraftstoffe oder synthetische Kraftstoffe werden in Zukunft eine Rolle spielen“, ist Frey überzeugt. Das Unternehmen richtet seine Dienstleistungen auf diese neuen Technologien aus, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Die weitere Digitalisierung gerade in der Kontraktlogistik ist Voraussetzung, um die steigenden Anforderungen der Automobilindustrie zu erfüllen. „Investitionen in intelligente Technologien und Automatisierung sind dringend notwendig, um die Effizienz weiter zu steigern“, sagt Prof. Klaus-Jürgen Schmidt, Leiter des Instituts für Produktions- und Logistiksysteme in Saarbrücken. Digitale Plattformen zur Echtzeitverfolgung und automatisierte Lagerverwaltungssysteme werden immer wichtiger, um den Anforderungen der Elektromobilität und der steigenden Komplexität der Lieferketten gerecht zu werden.

Neue Geschäftsmöglichkeiten

Darüber hinaus sieht er eine wachsende Bedeutung nachhaltiger Dienstleistungsangebote. „Grüne Logistiklösungen und nachhaltiges Handeln sind nicht nur ein Wettbewerbsvorteil, sondern werden von den Kunden zunehmend erwartet“, betont Prof. Schmidt. Logistikdienstleister, die in der Lage sind, nachhaltige Lieferketten zu gestalten, werden daher in Zukunft besser aufgestellt sein. Für sie ergeben sich daraus Chancen zur Differenzierung im Wettbewerb. So bietet die Seifert Logistics Group umweltfreundliche Dienstleistungen wie CO2-neutrale Transporte und den Einsatz von Elektro- oder Wasserstofffahrzeugen an, um die Nachhaltigkeitsziele ihrer Kunden zu unterstützen. „Nachhaltige Logistiklösungen sind ein wichtiger Wettbewerbsvorteil, da immer mehr OEMs darauf achten, ihre Klimaziele zu erreichen“, sagt Frey.

Experten wie Prof. Schmidt gehen davon aus, dass bis 2030 ein Drittel aller Fahrzeuge weltweit aus China kommen wird. Darauf müssen sich Logistikdienstleister einstellen. So arbeitet die Seifert Logistics Group bereits mit ausländischen Automobilherstellern zusammen. Frey sieht in ihnen potenzielle Kunden, die verstärkt Logistikdienstleistungen in Europa nachfragen werden. „Mit ihrem verstärkten Markteintritt in Europa steigt auch der Logistikbedarf dieser Unternehmen deutlich, was sie alle zu potenziellen Kunden für uns macht.“

Die Zusammenarbeit mit ausländischen Automobilherstellern bietet somit die Chance, die Abhängigkeit von der deutschen Automobilindustrie zu verringern und die Kundenstruktur zu diversifizieren.

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