Autobau: Chef der AHK Ukraine erwartet weitere Ausfälle
Durch den Ukraine-Krieg sei es nun völlig ungewiss, wann sich die Lieferengpässe weltweit auflösen werden. Zunächst einmal würden sich diese durch die jetzigen Ereignisse noch einmal verstärken, weshalb die Gefahr von Produktionsstillständen steige. Das sagte Volker Treier, der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz. An seiner Seite: Alexander Markus, Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Ukrainischen Industrie- und Handelskammer (AHK Ukraine). Die Sorgen um Mitarbeiter seien sehr groß, er habe täglich Kontakt. Sie gingen nachts in Keller und stellten sich morgens oder tagsüber in die Schlange, um Essen zu kaufen oder Medikamente.
In der Ukraine seien 2.000 deutsche Firmen mit 50.000 Beschäftigten vor Ort aktiv. Es seien vor allem Autozulieferer, die Elektronikteile, Kabelbäume oder auch Fensterheber und Sitzbezüge fertigen, berichtete Alexander Markus. Zudem hätten viele IT-Firmen, auch aus anderen Ländern, Teams in dem Land. Und der Lebensmittelsektor spiele ebenfalls eine große Rolle.
Markus sagte, er rechne damit, dass es noch weitere Unterbrechungen der Lieferketten sowie Lieferverzögerungen bei deutschen Autobauern geben werde. Normalerweise hätten die Zulieferer in der Ukraine eine Frist von zwei Wochen, um eine alternative Zulieferung sicherzustellen. Ob das in der aktuellen Situation über Standorte in anderen Ländern gelingt, bezweifelte er.
Der Kriegsbeginn hatte die Produktion von Autoherstellern bereits ausgebremst. So kommt es bei Volkswagen zum Beispiel zu Arbeitsausfällen in Werken wie Zwickau, Wolfsburg oder Hannover, weil Zulieferteile etwa aus der Westukraine fehlen. Auch bei BMW werde es durch Lieferengpässe zu Produktionsunterbrechungen in deutschen und europäischen Werken kommen, hieß es bereits am Dienstag in München. BMW bezieht ebenfalls Kabelbäume aus der Westukraine.
DIHK kappt Exportprognose
Die Wirtschaft unterstütze die umfangreichen westlichen Sanktionen gegen Russland. Sie kämen von der Breite der Betroffenheit der Unternehmen einem „Vollembargo“ gleich. Treier machte deutlich, die wirtschaftlichen Folgen seien noch gar nicht richtig abzusehen. Das bisher prognostizierte deutsche Exportwachstum von 6 Prozent für 2022 aber sei nicht mehr zu schaffen. Es deute sich bereits eine Phase der Stagflation an, also stagnierende Wirtschaft bei gleichzeitig steigenden Preisen.
Die Zahl der in Russland mit Niederlassungen aktiven Unternehmen beziffert der DIHK auf etwa 3.650. Diese hätten vor Ort in Summe 24,5 Milliarden Euro investiert und würden 280.000 Menschen beschäftigen. Noch einmal rund 250.000 Stellen hingen bei Unternehmen in Deutschland von Exporten nach Russland ab, sagte Treier. Insgesamt seien es nach konservativen Schätzungen ungefähr 40.000 Betriebe, die von Deutschland aus mit Russland in Geschäftsbeziehungen stehen. (mit dpa)