Deutscher Logistik-Preis geht an Spedition Denkinger
Die Denkinger Internationale Spedition aus Ehingen (Baden-Württemberg) hat den diesjährigen Deutschen Logistik-Preis gewonnen. Das mittelständische Transport- und Logistikunternehmen wurde am Mittwochabend auf der BVL Supply Chain CX in Berlin ausgezeichnet.
Der Dienstleister hat die Schwerlastgüter-Logistik neu durchdacht, um beispielsweise möglichst viel Stahl auf die Schiene zu verlagern und den Kunden trotzdem ein hohes Maß an Agilität zu bieten. Das so entstandene Rail Hub besteht aus zwei Umschlaghallen entlang einer 2 Kilometer langen Gleisanlage, in die Güterzüge direkt einfahren und mit Spezial-Equipment wie Schwerlastkranen mit Vakuum- und Magnet-Traversen, Staplern und Reachstackern entladen werden können.
Der am Rail Hub stationierte Fuhrpark aus E-Lkw steht für den Weitertransport bereit und wird durch die 1 Megawatt starke PV-Anlage versorgt. „Mit diesem Standort in Rottenacker können wir nicht nur die Vision realisieren, den Norden mit dem Süden per Bahn zu verbinden“, sagt Denkinger-Geschäftsführer Simon Brunner. „Er bildet gleichzeitig die Basis für intermodale Transporte und kombinierte Verkehre mit Verkehrsentlastungen für die Region und deutlichen CO2-Einsparungen.“
Das Ziel, den Transport von der Straße auf die Schiene zu verlagern, sei jedoch nicht nur ein ökologisches Bekenntnis gewesen, „sondern auch ein strategischer Zug, um die logistische Effizienz zu steigern“, zieht Brunner Bilanz. Er rechnet vor: „Ein einziger Ganzzug, der das Potenzial hat, bis zu 52 schwere Lkw zu ersetzen, steht exemplarisch für unseren effektiven Ressourceneinsatz.“
Partner in dem Projekt ist der Baumaschinenhersteller Liebherr. „Durch Eigenrecherche fanden wir den stillgelegten Gleisanschluss mit Industrieflächen in Rottenacker.“ Die Idee des Rail Hubs war geboren. „Mit unserer Idee haben wir unsere Kunden schnell überzeugt, weil die Vorteile eines nahe gelegenen Pufferlagers auf der Hand liegen“, sagt Brunner und fügt hinzu: „So können Waren auch kurzfristig auf Abruf geliefert und äußere Abhängigkeiten minimiert werden.“
Die Bauzeit und Inbetriebnahme konnte das Unternehmen gegenüber den ursprünglichen Planungen der Deutschen Bahn AG um eineinhalb Jahre verkürzen, „weil wir den Gleisanschluss in Eigeninitiative instandgesetzt haben“, berichtet Brunner weiter. „Die Deutsche Bahn hätte erst 2025 mit den Bauarbeiten begonnen.“ Der Trick dabei: Denkinger kaufte ein weiteres, benachbartes Grundstück samt einer stillgelegten Weiche und erneuerte diese zügig auf eigene Kosten.
Züge können direkt in die Hallen fahren
Herzstück des Rail Hubs ist die 2 Kilometer lange Gleisanlage, die direkt durch die neu gebaute Holzhalle führt. Güterzüge können unmittelbar in die neue Logistikhalle einfahren, um dort mit den Hallenkranen und Staplern entladen zu werden. Alternativ erfolgt die Entladung auf der Freifläche mit den installierten Kranbahnen oder einem Umschlagbagger mit Magnet- und Vakuumanlage. Das Rangieren der leeren Waggons übernimmt ein spezialisierter Rangierroboter oder der Zwei-Wege-Bagger. Dank eines parallel zur Logistikhalle verlaufenden Rangiergleises lassen sich die leeren Bahnwaggons effizient und schnell umsetzen.
„Vom Rail Hub aus, wo die Waren frühzeitiger per Bahn eintreffen, können sie dem Kunden nach seinem tatsächlichen Bedarf zeitnah zugestellt werden.“ Das Rail Hub betreibt Denkinger dazu als sogenanntes Konsignationslager, mit dem der Bestand beim Endkunden reduziert wird, während gleichzeitig die Versorgungssicherheit steigt. „Aufgrund der Kundennähe kann eine Zustellung noch am selben Tag erfolgen“, betont Brunner.
Ein weiterer Vorteil, der sich durch den Puffer ergibt, ist die Unabhängigkeit von Störungen der Bahn-Infrastruktur. Risiken aufgrund von langen Laufzeiten sowie Ausfällen lassen sich so eindämmen.
Spezialisierung erlaubt schnelle Prozesse
Durch die Spezialisierung des Standorts auf Stahlwaren können die Prozesse vor Ort mit idealem Equipment, robuster Lagertechnik sowie geschulten Fachkräften abgewickelt werden. Das erlaubt schnelle und präzise Prozesse. Für die Entladung der Bandbleche, Grobbleche, Winkel, Vierkantrohre, Gitter und Coils nutzt Denkinger Krananlagen mit Vakuum- und Magnet-Traversen. Außerdem ist ein Reachstacker für die Entladung im Einsatz, der für intermodale Transporte und besonders schwere Teile bis 45 Tonnen eingesetzt werden kann.
Brunner betont, dass die Beladung der Lkw Vorrang hat, um die Stand- und Ladezeiten der Fahrzeuge so gering wie möglich zu halten und die Lagerwaren schnell verteilen zu können. „Die Waggons entladen wir dagegen in den Zeiten, in denen keine Lkw zum Beladen vor Ort sind, denn für die Waggons können wir einen Zeitraum von 24 Stunden nutzen. Mit all diesen effizienzsteigernden Maßnahmen, dem entsprechenden Equipment und vor allem den IT-gestützten Prozessen konnten wir den jährlichen Tonnage-Umschlag je Mitarbeiter deutlich erhöhen“, ergänzt Brunner.
Fuhrpark mit alternativen Antrieben
Beim eigenen Lkw-Fuhrpark setzt Denkinger konsequent auf alternative Antriebe: Im Januar 2023 wuchs die Flotte um zwei Volvos vom Typ FH Electric, die seitdem im Einsatz sind. „Bereits zu diesem Zeitpunkt sahen wir den E-Lkw als wertvolle Ergänzung für die regionale Kundenversorgung unseres Rail Hubs an. Inzwischen sammeln wir seit Monaten Erfahrungen mit den beiden E-Lkw und haben zu Beginn dieses Jahres weitere elektrische Actros 600 von Mercedes bestellt, die im vierten Quartal ausgeliefert werden sollen.“
Mit Hilfe der geplanten Schnellladesäulen könnten die E-Lkw bereits in rund 45 bis 75 Minuten von 20 auf 80 Prozent geladen werden. Und dank des intelligenten Energiemanagementsystems würden die Fahrzeuge nach Prioritäten und unter Berücksichtigung der Speicherkapazitäten mit Strom geladen.
Neben dem E-Lkw sieht der Denkinger-Geschäftsführer auch in wasserstoffbetriebenen Fahrzeugen ein mögliches Zukunftspotenzial: „So sind wir im Projekt ,H2-Wandel‘ vorne dabei und erarbeiten als Mitglied des EU-Förderprogramms ,Hydrogen Valleys‘ bis 2030 ein Wasserstoff-Konzept für den Alb-Donau-Kreis. Zusätzlich testen wir HVO-Diesel, der bis zu 90 Prozent der Emissionen einspart und dabei ohne Umrüstung der Lkw eingesetzt werden kann.“
Am Standort Rottenacker werden darüber hinaus verschiedene Digitalisierungs- und Automatisierungsprojekte, die von der eigenen IT-Abteilung entwickelt werden, getestet und umgesetzt. „Wir haben die Vision, uns hin zum IT-Unternehmen mit eigenen Logistikflächen und Fuhrpark zu entwickeln, dabei sollen möglichst viele Standorte auch per Schiene erreichbar sein“, kündigt Brunner an.
Schon vor fast 15 Jahren hat Denkinger die eigene Software „Greedy Log 1.2“ entwickelt, die auf Basis eines Algorithmus die mathematisch optimale Lösung für den Transport-Mix zwischen den Verkehrsträgern Straße und Schiene berechnet. Dabei berücksichtigt sie die jeweiligen Eigenschaften der Transportgüter und kalkuliert auf deren Basis schließlich das lokale Optimum für jedes einzelne Transportgut.
Ein weiteres Projekt war die Entwicklung eines Dashboards zur Messung des CO2-Ausstoßes von Schiene versus Diesel- versus Elektro-Lkw in Echtzeit. Auf Basis der Antriebsart, der Tonnage sowie der zurückgelegten Strecke lässt sich der CO2-Ausstoß ermitteln. Das Dashboard ist in die Denkinger-Webseite integriert, ausgewählte Kunden können es bereits nutzen. Künftig soll es allen Webseiten-Besuchern zur Verfügung stehen.
Unternehmens-Avatar namens Pepe
Als weiteren Teil des IT-Konzepts hat Denkinger den Unternehmens-Avatar Pepe geschaffen, der alle wichtigen Informationen am Standort mit Hilfe eines virtuellen Rundgangs mehrsprachig vermittelt. Die OCR-gestützte Wareneingangskontrolle, ebenfalls in Eigenregie entwickelt, ist ein bedeutender Baustein in Sachen Effizienz und Prozessoptimierung für die Mitarbeitenden.
Vielversprechend ist zudem das Pilotprojekt mit Remote-Kranbedienung durch moderne Kameratechnik und Extended-Reality-Brille zur Fernsteuerung der Krane. Mit dieser Technologie soll der Beruf des Kranführers attraktiver und sicherer werden. (cs)